Der Zahn der Zeit nagt am Gebälk am Dachstuhl vom Hohen Haus
„Der Zahn der Zeit nagt am Gebälk am Dachstuhl vom Hohen Haus“, sagt Zimmermann und Restaurator Joachim Wiegert. Mit seinem Arbeitgeber Franz-Josef Huckenbeck (Zimmerei Huckenbeck, Greven) hält er ein Mauerholz in seinen Händen, das deutliche Spuren der enormer Zerstörungskraft vom „Gescheckten Nagekäfer“ aufweist.
Bei einer Baubesichtigung mit Diederik E.J. von Bönninghausen und Lothar von Bönninghausen (Familienstiftung Hohes Haus/Von Bönninghausen tot Herinckhave), Dipl.-Ing. Gabriele Podschadli (wissenschaftliche Referentin im LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen), Sabine Nöldemann (Gemeinde Heek, Untere Denkmalbehörde), Dipl.-Ing. Ulrich Münstermann (Tragwerkplaner) beschreibt Franz-Josef Huckenbeck die Schäden und die ersten Renovierungsarbeiten.
Ursprünglich war das Holz 16 x 24 cm groß. Nun kann es mit einfacher Menschenkraft auseinandergebröselt werden. „Der Gescheckte Nagekäfer gilt als Sekundärschädling, da nur Holz befallen wird, das durch holzzerstörende Pilze vorgeschädigt ist“, sagt Franz-Josef Huckenbeck. Er ist das einzige holzzerstörende Insekt, das ins Eichenkernholz geht und sich darin auch fortentwickelt. Die Schadensursache sieht der Sachverständige darin, dass das Holz über viele Jahre einer ständigen Feuchte ausgesetzt und luftdicht verschlossen war. Das Holz hat an den betroffenen Stellen seine Stabilität verloren. Dank einer provisorischen Sicherung mittels Hakenketten und hochbelastbaren Hebelratschen, sowie dem Austausch der zerstörten Holzteile besteht insgesamt für den Dachstuhl keine Einsturzgefahr. Ohne diesen Einsatz hätte sich das Denkmal eines Tages selbst verabschiedet, so Franz-Josef Huckenbeck. Diese Befürchtung teilt auch Tragwerkplaner Dipl.-Ing. Ulrich Münstermann, der nicht konkret abschätzen kann, wie lange es noch gut geht mit dem Holz. Bei der Sanierung steht für Franz-Josef Huckenbeck die Ursachenbeseitigung und nicht die Behandlung der Symptome im Vordergrund: „Erst dann hat die Maßnahme zum langfristigen Erhalt der Bausubstanz Erfolg“, sagt er. Das auf der Mauerkrone aufliegende Mauerholz wird ausgetauscht. In die entstandene Lücke wird ein Füllstück eingesetzt, das wiederum an der Fußpfette befestigt wird. „Die Kosten für diese Arbeiten sind momentan nicht abzuschätzen“, sagt Franz-Josef Huckenbeck und verweist auf die Notsicherung, die gegenwärtig durchgeführt wird. Die umfassende Renovierung erfolgt erst nach Bewilligung der beantragten Bundesmittel bei der Bezirksregierung Münster. Für Dipl.-Ing. Gabriele Podschadli, ist das Gebäude auf jeden Fall ein ganz besonderes schützens- und erhaltenswertes Objekt. Franz-Josef Huckenbeck ist in das Burgmannshaus mit der historisch wertvollen Dachstuhlkonstruktion förmlich vernarrt. „Der eindrucksvolle Dachstuhl ähnelt einem Schiff oder einer Kathedrale“, sagt er und schaut ehrfurchtsvoll nach oben. Die Balken werden nur durch Zapfen gehalten. Abbundzeichen zur genauen Lokalisierung der einzelnen Balken und Ritzungen als Konstruktionshilfe sind für ihn besondere Zeichen alt ehrwürdiger Handwerkskunst.
Die Experten sind sich einig, zukünftig sensibel und nachhaltig im Umgang mit dem Gebäude zu sein und „den Kopf regelmäßig in die Nische zu halten“. Das neue Mauerholz bleibt kontrollierbar sichtbar. Vorbild ist die seit Jahren in den Niederlanden mit Erfolg praktizierte Monumentenwacht, mit einer regelmäßigen Inspektion mit sofortiger Kleinreparatur.
„Für die Familienstiftung ist die Renovierung und Instandhaltung des Gebäudes eine große Aufgabe“, sagt Diederik E.J. von Bönninghausen. Nach Schaffung von Übernachtungsmöglichkeiten im angrenzenden Wachtmeisterhaus, Errichtung des Ringburg-Café’s und der Renovierung der Bruchsteinmauer sind die Arbeiten am Dachstuhl die nächsten Arbeiten in relativ kurzer Zeit anfallen. „Bislang haben wir keine Förderung erhalten“, ergänzt er, dass die Kosten für die Stiftung erdrückend sind. Für die Stiftung ist es schwierig, zusätzlich zum Wachtmeisterhaus und dem Ringburg-Café weiteres Einkommen zu generieren. Daher sind sie auf finanzielle Unterstützung von außerhalb angewiesen. „Wir sind stolz auf das Gebäude und wollen es mit der Bevölkerung teilen“, sagt Diederik E.J. von Bönninghausen und setzt für den Erhalt des Gebäudes auf die Hilfe der Gemeinschaft. „Die Burg lebt wieder und Nienborg ist in den vergangenen Jahren gemütlicher geworden“, sagt er und wirbt dafür, dass das Gebäude von vielen Menschen getragen wird.
Ein altes dendrochronologisches Gutachten belegt, dass das Holz für das Dachwerk im Jahr 1618 aufgeschlagen wurde (Quelle: Peter Barthold, LWL Münster). In den nächsten Tagen wird Peter Barthold vom LWL Münster bei den jetzt offen gelegten Balken eine weitere Baumaltersbestimmung durchführen.