Denkmal-Ziegel für Fachwerk-Backhaus

Ein verträumtes altes Backhaus in Lienen-Kattenvenne gehört zu einem Resthof und war in einem restaurierungswürdigen Zustand. Auch die Dachziegel des denkmalgeschützten Gebäudes von 1826 erneuerten die Handwerker. Eine Hohlpfanne war aus Denkmalsicht der Ziegel der Wahl.

Ziegel für den Denkmalschutz herzustellen bedeutet auch, sich mit der Vielfalt der Bauepochen zu beschäf­tigen. "Um im Denlunalschutz Erfolg zu haben und allen Beteiligten sowie der Geschichte eines Gebäudes gerecht zu werden, reicht es meist nicht aus, ein für die Bauepoche passendes Ziegelmodell auf Lager zu haben", erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Gerald Laumans von der Gebr. Laumans GmbH. Ein Auge fürs Detail, das Wissen um alte handwerkliche Traditionen und regionale Besonderheiten sind wei­tere Voraussetzungen. "Man muss bereit sein, sich auf die individuelle Persönlichkeit des zu sanierenden Objektes einzulassen, ohne dabei die Wirtschaftlich­keit und heutigen Ansprüche an die Funktionalität des Daches aus dem Blick zu verlieren", sagt Lau­mans. Das sieht Franz-Josef Huckenbeck ganz ähnlich. Der Zimmereimeister und Restaurator, zudem öffentlich be­stellter und vereidigter Sachverständiger im Zimmerei­handwerk aus Greven hat bereits unzählige denlunal­geschützte Objekte vor dem endgültigen Verfall bewahrt. Das verträumte alte Backhaus der Familie Mengel aus Lienen-Kattenvenne (Kreis Steinfurt, NRW) war so ein schwieriger Fall. Es gehört zu einem Resthof; der im 16./17. Jahrhundert entstand, dessen Haupt­haus auf das Jahr 1804 datiert und der in den Jahren 2009 bis 2011 bereits liebevoll saniert wurde. Allein das Backhaus, ein kleines Gebäude aus Fachwerk, das dem örtlichen Kulturkreis als Treffpunkt dienen soll­te, war in einem bedauernswerten Zustand und muss­te von Grund auf restauriert werden. Älter als gedacht
Den Arbeiten ging eine sorgfältige Bau- und Bestands­aufnahme voraus, die Dr. Dietrich Maschmeyer, Vor­sitzender der Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. und engagierter Denkmalbewahrer, gemeinsam mit Restaurator Franz-Josef Huckenbeck durchführten. Dabei stellten die Experten fest, dass das auf 1826 datierte Gebäude offensichtlich rund 200 Jahre älter ist, allerdings im 19. Jahrhundert bereits überarbeitet und in Form und Stil dem Haupthaus von 1804 ange­passt worden war.

Konstruktion wurde statisch ertüchtigt
Auf Handwerksmeister Huckenbeck und sein Team wartete eine Menge Arbeit: Die Schwellen mussten abgegraben, freigelegt und wo nötig ersetzt, die Gefa­che demontiert und mit Lehmsteinen erneuert werden. Es galt Löcher zu schließen, einen alten Zementputz zu entfernen, die in die Jahre gekommene Konstruk­tion statisch zu ertüchtigen, erhaltenswerte Hölzer zu säubern und zu überarbeiten.
Auch am Dach gab es reichlich zu tun: Die Handwer­ker sicherten und stützen den Giebel und ergänzten ihn im Inneren. Es galt die Giebelverbretterung auf­zuarbeiten und die Windfeder (auch Giebelbrett, Wind­brett oder Ortgangbrett genannt) wieder herzustellen. Das Splintholz wurde entfernt und ein Passstück ein­gesetzt. Die aussteifenden Binder und gesamte Spar­renkonstruktion wurden überarbeitet. Schließlich deckten die Handwerker das Backhaus mit Strohdo­cken und Hohlpfannen ein.
Um dem Denkmalschutz bei diesem Objekt gerecht zu werden, präsentierte Andre Berning,Außendienst­mitarbeiter und Fachberater bei Laumans, eine breite Palette von Musterziegeln, die sich im Sektor der Denkmalpflege bereits unter kritischen Voraussetzungen bewährt hatten.
Farbvielfalt, aber kein „bunter Hund"
Eine Besonderheit des Mengelschen Backhauses war es, dass das Fachwerkgebäude mit vier verschiedenen Dachziegeln gedeckt war. Dieser ganz speziellen Note der Baugeschichte des Objektes sollte bei der Restau­rierung Rechnung getragen werden. Die erste Idee, das Dach deshalb in bunten Ziegeln als Alternative auszuführen, überzeugte weder die Bauherren noch Meister Huckenbeck. Das Dach sollte zwar wie sein historischer Vorgänger Farbvarianten aufweisen, aber nicht wie ein „bunter Hund" daherkommen.

Eindeckung mit Strohdocken
Die Lösung fand sich schließlich im dänischen Schwes­terwerk des Hauses Laumans mit der Hohlpfanne in Vorschnittdeckung - Besonderheit: Eindeckung mit Strohdocken (diese ansonsten eher bei Aufschnittde­ckung üblich). Diese gilt als Klassiker für die Dächer von Bauernhäusern und zeigt als stranggepresster Ziegel genügend Farbnuancen (in diesem Fall: Son­derfarbe #111 rot-bunt nach Reduktionsbrandverfah­ren) in der Sortierung, um den für das Backhaus ge­forderten Effekt zu gewährleisten. Schließlich eignet sich dieses traditionelle Modell besonders für die Deckung mit Strohdocken, weil es auch bei dieser histo­rischen Handwerkstechnik absolut schnee- und nie­selregendicht bleibt. Zudem gilt dieser Ziegel, der auch als „Bauernziegel“ bekannt ist, als besonders pflegeleicht, weil er auch bei geringerer Dachneigung vom Regenwasser stets sauber gespült wird und für die nötige Be- und Entlüftung sorgt.
„Dank der guten und umsichti­gen Beratung, einer hervorra­genden Lieferqualität und dem nötigen Tempo bei der Umsetzung unserer Vorstellungen konnte die Restaurierung des Backhauses erfolgreich abgeschlossen werden“, lautet das positive Fazit von Zimmermeister Franz-­Josef Huckenbeck.

Quelle: dach+holzbau (Ausgabe: 1.2016, Text: Ruth Witteler-Koch)

 

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